Für die Zeit vom 09. bis zum 11. Mai 2019 stand die Teilnahme an der Rallye Wiesbaden für meinen Beifahrer Bernhard Stein und mich im Terminkalender. Hierfür hatte ich meinen jährlichen Gardasee-Urlaub terminlich etwas verlegt. Was hier inhaltlich auf uns zukommen würde, war uns nicht so richtig klar, da uns bis zur Anreise weder ein aussagekräftiger Zeitplan noch ein Reglement bekannt waren. Lediglich die Aussage "1.100 km, davon 300 km als Sollzeitprüfungen" sowie die Start- und Zielorte und die Etappenziele waren uns bekannt.

Rallye Wiesbaden 1

So fuhren wir in meinem Triumpf TR 250 mit gemischten Gefühlen den über 500 km entfernten Startort Eschenfelden in der Nähe von Nürnberg an und checkten zuerst mal in dem vorab gebuchten kleinen und gemütlichen Landhotel ein. Alle wie auch wir bereits am Vortag angereisten Teilnehmer waren zu einem Hüttenabend in einem idyllisch gelegenen Waldgasthof eingeladen. Hier gab es ein zünftiges Abendessen mit einem Spanferkel, welches vor den Augen der Gäste fachgerecht zerlegt wurde.

So konnten wir ausgeruht am nächsten Morgen an dem Startplatz zur Papier- und technischen Abnahme erscheinen. Hier fiel uns direkt das kameradschaftliche und freundschaftliche Miteinander zwischen den Teilnehmern auf, von denen scheinbar viele schon öfters an der Rallye teilgenommen hatten. Aus unserer Region waren vom Dürener Motorsportclub Eberhard Hess, Holger Seeberger und Reiner Nolden ebenfalls mit am Start, insgesamt waren 42 Teams vor Ort. Jetzt war zuerst einmal das Checken der Unterlagen angesagt. Drei dicke Bordbücher mit perfekt kilometrierten Chinesen machten schon einmal klar, daß die Orientierung wohl kein Problem sei. Das hatten wir auch schon vorher erfahren. Insgesamt 27 Sollzeitprüfungen, zumeist nur mit einem Ziel standen auf dem Zeitplan. Die Sollzeitprüfungen waren teilweise extrem lang, bis zu 35 Kilometer. Zusätzlich wurden geheime Zeitprüfungen angekündigt, wobei man unterwegs an einer grün beschilderten und mit einer großen Sollzeitangabe versehenen Lichtschranke vorbeikommend und ohne in deren Sichtweite anhalten zu dürfen diese Zeit an der nächsten uns zuvor nicht bekannten Lichtschranke wiederum ohne Haltezone treffen soll. Und die ganzen 1100 Kilometer einschließlich aller Sollzeitprüfungen waren mit einem 50er Schnitt berechnet. Zu Mittag gab es dann noch einen Imbiss, hier wurde neben einem ausgezeichnete Büffet auch eine ziemlich rustikal aussehende Kartoffelsuppe über offenem Feuer angeboten.

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Als es dann endlich losging, konnten wir uns schon einige hundert Meter nach dem Start an der ersten Prüfung einreihen. Erleichterung, gestartet wurde mit erstklassigen Startuhren zur vollen Minute. So konnten wir schon einmal bei den bemannten Starts ärgerliche Fehlerquellen beim Starten der Stoppuhr ausschliessen. Diese Prüfung führte über einen ungeteerten, aber auch nicht gesperrten Waldweg. Mit 50er Schnitt und dabei immer auch mit Gegenverkehr rechnend merkten wir, daß diese Rallye wohl kein Zuckerschlecken würde. Ausgeruht wie wir noch waren, konnten wir diese erste Prüfung mit einer Abweichung von 0,11 Sekunden absolvieren, unser bestes Ergebnis in den 3 Tagen. Aber Zeit hatte man nirgends, so ging es bereits hinter dem nächsten Dorf auf einen zweimal zu fahrenden Rundkurs über kleinste Wege, der mit einer Lichtschranke ohne Startteam versehen war. Hier hieß es, ohne Wartezone und ohne anhalten zu dürfen, in den Rundkurs einzufahren und diese Lichtschranke einschließlich der Startdurchfahrt insgesamt also drei Mal zu beachten. Weil so natürlich mehrere Fahrzeuge gleichzeitig auf den Feldwegen unterwegs waren, musste man höllisch aufpassen, weil am T vor der Lichtschranke kaum einsehbar von links Teilnehmer kamen und andere Teilnehmer vor einem an einem T die Strecke verließen, was einen dann natürlich zusätzlich verunsichert. Hier fuhren wir dann auch prompt unser schlechtestes Ergebnis mit insgesamt 1,65 Sekunden ein, wobei drei Lichtschrankendurchfahrten ja auch drei Fehlerquellen ermöglichen.

Kurze Zeit nach der Prüfung kamen wir dann an der ersten "geheimen" Zeitprüfung mit einer Sollzeitvorgabe von 88 Sekunden vorbei, die wir mit der Abweichung von 0,15 Sekunden schafften. Da diese Prüfung ja Start- und Ziellichtschranke enthielt, war das also für unsere Verhältnisse auch sehr gut gelaufen. Auf dem Weg nach Pilsen (Tschechien) standen dann noch fünf weitere Prüfungen an, die zum teil ausserordentlich schlechte und enge Wege enthielten. In Tschechien hatten wir dann noch das Pech, dass der Triumph eine Panne hatte, die wir selbst nicht beheben konnten.

Also mussten wir das vom Veranstalter beauftragte Serviceteam anrufen. Nach einer sehr langen Wartepause kam es dann und schleppte uns zum Hotel, hier nahm es sich dann professionell der Sache an. Eine ausgezeichnete Arbeit, unter freiem Himmel ausgeführt. Da kann man dem Veranstalter und dem Team nur dankbar sein, sehr professionell.

Weil wir aber nun nicht rechtzeitig im Ziel gewesen waren, fehlte uns natürlich die Zielzeit und der Zielstempel. Dafür gab es 10 Strafsekunden. Und nachdem wir schnell etwas gegessen hatten, ging es wieder auf die Piste um im nächtlichen Pilsen eine offene Tankstelle zu finden, am nächsten Tag sollte es ja schon wieder um 8 Uhr losgehen. So endete unser erster Tag mit "echten" 5,36 Sekunden Zeitfehlern sowie 10 Strafsekunden, das reichte für Platz 36 von 42. Das ganze war natürlich eine Riesenbelastung und die Nerven waren schon am Flattern.

Am zweiten Tag ging es dann von Pilsen nach Regensburg. Der Wagen lief hervorragend und ohne Probleme. Zum Tagesende konnten wir auf unserem Konto nach insgesamt 18 Prüfungen und zwei "Geheimen" zusammen 13,02 Sekunden Zeitfehler sowie die 10 Strafsekunden wiederfinden, damit hatten wir uns auf den 29. Platz vorgekämpft. Auf dieser Tagesetappe waren zwei Wagen ausgefallen, wir waren glücklich, das wir nicht dazu gehörten. Vor dem Zielhotel fiel uns dann Walter Röhrl auf, der mit dem Veranstalter befreundet ist, früher die damalige Bestzeitrallye Wiesbaden auch gewonnen hatte und den Teilnehmern für Rallyegespräche zur Verfügung stand. Er war mal so vorbeigekommen, alle Achtung!

Für den dritten Tag auf der Strecke nach Wiesbaden waren nur noch 5 Prüfungen vorgesehen, sodaß an dem Ergebnis nicht mehr viel zu ändern war. Aber es hieß auch hier durchhalten und nirgendwo zu spät ankommen. Im Regen auf rutschigen Bergstraßen war dies nicht einfach, unterwegs lag dann auch prompt ein Porsche 944 im Graben, dies war aber kein Teilnehmer der Rallye. Zieleinlauf war direkt vor dem Kurhaus von Wiesbaden in dem gepflegten Kurviertel, sehr beeindruckend. Wir suchten dann unser Hotel auf. Da ich nach der für mich sehr stressigen Schlussphase ziemlich fertig war, kam nun ein weiterer Schreck. Mein Beifahrer hatte ein Hotel gebucht, welches eine Tiefgarage besaß. Hier mußte man allerdings nach einer superengen Einfahrt und mehrmaligem Rangieren mit dem Wagen in eine kleine Höhle hineinfahren! Dies war ein Lift, der uns mit dem Auto ins Untergeschoß brachte. Auch dort alles wieder supereng und die letzte Parklücke belegt. Jetzt endlich etwas Ruhepause und für den Galaabend im Kurhaus vorbereiten.

Das Kurhaus war innen genauso beeindruckend wie aussen, hier ist auch das Spielkasino untergebracht. Der Galaabend fand dann im sogenannten Wintergarten statt, der allerdings vom Feinsten war. Ein würdiger Abschluß mit Sektempfang, edlen Weinen und edlem Menü, am Tisch serviert. Ja und die Ergebnisse hingen auch schon aus. Wir waren einen weiteren Platz vorgerückt, somit auf den 28. Platz. In der Altersklasse belegten wir den 5. Platz. Durch zwei weitere Ausfälle am dritten Tag waren nur 38 Teams in Wertung gekommen, aber wir hatten trotz Panne durchgehalten! Die Dürener Teilnehmer Eberhard Hess und Beifahrer Hans Werner Wirth mit Porsche Carrera RS kamen auf Platz 18, Holger Seeberger und Reiner Nolden mit dem Alfa Romeo 1300 GTJ auf Platz 26. Und die Gewinner der Rallye hatten die Rallye mit dem sagenhaften Ergebnis von 1,83 Sekunden gewonnen, verfolgt vom Zweitplatzierten mit 1,96 Sekunden. Eine Liga, in der wir nicht mithalten können!

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Abschliessend kann man sagen, daß der Veranstalter eine tolle Rallye auf die Beine gestellt hat, für die wir aber mit dem falschen Wagen unterwegs waren. Hier sind echte Rallyeautos mit starken Motoren gefragt. Ein uriger tiefliegender Roadster mit 60-er Jahre Fahrwerk ist dafür nicht so sinnvoll. Und wir sind auch nicht die Lichtschrankenprofis, wir lieben mehr etwas mit Orientierungsaufgaben. Diese Rallye ist eher etwas für Fahrer, die gerne sehr zügig fahren und ein hierfür geeignetes Fahrzeug haben. So hatten die meisten Wagen ja auch ausgeräumte Innenräume mit Käfig und Rallye-Vollausstattung. Ja und wer vorne liegen möchte, sollte ständig bei Lichtschranken-Fahrten unterwegs sein und idealerweise eine eigene zum Üben besitzen. Sowas ist dann wohl doch eher nicht unsere Welt. Aber diese Rallye hat uns um viele Erfahrungen und angenehme Begegnungen bereichert und war wieder ein ganz besonderes Erlebnis.

Bernhard Stein & Rainer Keuser

Hier noch einige Fotos und ein Video von der Rallye.

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